Montag, 22. November 2010

Holy Waters - Rameshwaram

Am letzten Wochenende haben einige von uns das dringende Bedürfnis verspürt, mal wieder rauszukommen, etwas anderes zu sehen, als das TTS und die nähere Umgebung, etwas Neues. Die Vorlesungszeit hatte bereits begonnen, aber immernoch war alles etwas chaotisch: Es war nicht ganz einfach, herauszufinden, was für Kurse wir überhaupt besuchen können, wann und wo diese Kurse stattfinden und dann sind auch noch einige Seminare ausgefallen, oder wurden spontan verschoben. Die Volunteers hatten seit 2 Wochen angefangen, voll zu arbeiten, also Vormittags und Nachmittags, was wirklich eine Mehrbelastung ist, wenn man all seine Wäsche mit der Hand waschen, selbst kochen und Tamil lernen muss. Und Elisa, die auch eine deutsche Freiwllige von Brot für die Welt ist und bei Peoples Watch, einer Menschenrechtsorganisation hier in Madurai, arbeitet, hatte sich gerade von ihrem Dengue-Fieber erholt. Kurz: Wir waren urlaubsreif. Und so haben wir uns entschieden, übers Wochenende einen Kurztrip nach Rameshwaram zu machen. Rameshwaram ist mit dem Bus ca. 4 1/2 Stunden von Madurai entfernt und liegt wunderschön auf einer Landzunge im Golf von Mandapam. Es ist ein religiös sehr bedeutsamer Ort und wird auch "Varanasi des Südens" genannt. Es gibt dort einige Tempel und viele, viele Pilger.

Am Samstag sind wir ganz früh aufgestanden, um 8 Uhr am Busbahnhof zu sein. Wir hatten dann auch ziemlich gute Plätze im Bus, fast ganz vorne, aber das wurde uns gründlich vermiest, als der Fahrer in einer schier unerträglichen Lautstärke einen tamilischen Film eingelegt hat. Und danach gleich noch einen... Zu unserem Pech waren in Rameshwaram, wo wir gegen 13 Uhr ankamen, so gut wie alle Hotels komplett belegt, was neben den nervigen und dreisten Rikshafahrern und der unerwarteten Hitze zu leichten Spannungen zwischen uns 6 Mädels geführt hat. Aber nach einigem Suchen und Rumfragen haben wir dann doch noch drei sehr nette, gut gelegene und saubere Doppelzimmer gefunden.
unser Hotel

Lisa vor 2 unserer Zimmer

Nach dem Einchecken sind wir zu einem großen Hotel am Strand gefahren und haben dort ganz knapp noch etwas vom Mittagsbüffet abbekommen, was unglaublich lecker war. gar nichts besonderes eigentlich, Reis, etwas Kohlgemüse, Sauce, Joghurt, scharf eingelegte Kartoffeln und Papadam. Aber ich kann mich eigentlich gar nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so gut gegessen habe. Anschließend sind wir an den Strand gegangen, der kein badestrand war, sondern eigentlich eher ein Weg am meer und daneben ein Fischerstrand. Die Mädels haben Eis gegessen und wir sind spazieren gegangen und haben etwas Energie getankt. Am Meer zu sein ist irgendwie immer etwas besonderes, finde ich. Beruhigend, romantisch. Und die Fischerboote waren wirklich malerisch.



Caspar David Friedrich mit indischem Setting...





Am Abend sind wir zu einem kleinen Tempel gefahren, der auf einem Hügel liegt und von wo man den Sonnenuntergang besonders schön beobachten kann. Er heißt Gandamadana Parvatham und ist um den Fußabdruck Ramas herum gebaut worden.








Anschließend waren wir sehr lecker Abendessen und sind dann todmüde ins Bett gefallen. 
Am nächsten Morgen sind wir nochmals an den Strand gegangen, wo Lisa sogar an der Stelle, an der all die Pilger baden gehen, ins Wasser geangen ist. Die Frauen gehen dort selbstverständlich voll bekleidet ins Meer. Lisa wurde im Wasser gleich von einer Gruppe indischer junger Frauen aufgenommen, die sie an die Hand genommen und mit ihr geplaudert haben. Am frühen Nachmittag haben wir nach einer Inspektion der vielen kleinen Stände, wo ich mir dann auch ein paar Souvenirs gekauft habe, den größten Tempel Rameshwarams, den Ramanathaswami-Tempel besucht.Rama selbst soll derjenige sein, der den Grundstein für diesen Tempel gelegt hat, als er der Legende nach zwei Shiva-Linga errichtet hat. Diese werden täglich von den Priestern mit heilogem Wasser gewaschen, das später an die Gläubigen verkauft wird. Im gesamten Tempelbereich gibt es über 20 kleine Teiche, mit deren heiligem Wasser die Pilger sich übergießen lassen. Dementsprechend sieht man überall durchnässte Menschen herumlaufen, was schon ein besonderer Anblick ist.Auch sonst ist der Tempel sehr beeindruckend, da er viele endlos lange Kolonnaden hat, die von reich skulpturierten Pfeilern gesäumt sind. Leider war es Nicht-Hindus auch in diesem Tempel nicht erlaubt, ins Sanktum einzutreten. Nur Narmada durfte einen Blick darauf werfen und konnte uns hinterher davon erzählen.





im Tempel


der Tempelelefant


Tempelteich

heiliges Wasser




Das Auschecken aus unserer Pension getaltete sich auch etwas amüsant. Wir sollten spätestens 14 Uhr die Zimmer verlassen, was wir auch wollten, aber nicht konnten, da nur der Chef, der gerade Mittagessen war, unsere 50 Rupies Kaution pro Zimmer zurückgeben konnt. Also haben wir gesagt, dass wir auch erstmal esen gehen und in einer halben Stunde nocheinmal kommen. Als wir das dann gemacht haben, schien der nette Mann von der Rezeption allerdings gar nicht mehr so nett, wahrscheinlich hatte er Ärger bekommen, weil wir nicht pünktlich ausgecheckt hatten, denn er sagte zu uns "Po!", was auf Tamil "geh" heißt. Allerdings ist das eine sehr unverschämte Ausdrucksweise. Normal wäre es, zu sagen "Poyttu vareen", was so viel heißt wie "Geh, damit du wiederkommen kannst", "po" allein heißt eigentlich "Verschwinde!" und meint, man solle bloß nie wieder kommen. Gut, dass uns das unsere Tamil-Lehrerin erst erzählt hat, als wir wieder zurück in Madurai waren...

Mittwoch, 3. November 2010

Exposure

Das ist die Bemalung eines Tea Shops, den wir unterwegs aufgesucht haben. Ich liebe dieses Bild!

Nun, wie versprochen, mein Bericht ueber die Exposure. Es ist so viel passiert, ich habe so viel gesehen und erlebt, dass es mir wirklich schwer fällt, einen Eindruck davon zu vermitteln. Es war eine sehr, sehr schöne, bereichernde Woche, so viel schonmal vorweg.
Wir waren alle in Gruppen eingeteilt, je nur eine Deutsche pro Gruppe und jeder von uns hatte einen Übersetzer zugeteilt bekommen, weil das Programm fast ausschließlich auf Tamil war.

Montag
25 Jahre Center for Social Analysis
Vor 25 Jahren wurde am TTS das Center for Social Analysis gegründet. Dieses Ereignis wurde groß gefeiert mit einem Gottesdienst und einigen Vorträgen. Zu diesem Anlass haben wir Deutschen uns alle einen Sari gekauft. Nachdem ich beim Kaufen dieses Kleidungsstücks schon Schweißausbrüche und Kopfschmerzen bekommen hatte, weil ca. 30 Verkäuferinnen und Schneider um uns herumwuselten, immer nur die Hälfte von dem verstehend, was wir sagten, während wir nur etwa ein Drittel von dem verstanden, was sie uns sagen wollten und es ewig gedauert hat, bis wir alle einen Sari ausgesucht, eine Bluse herbeiaurgumentiert und einen Unterrock gefunden hatten, konnte das Anziehen des Saris, wovor es mir ursprünglich mehr gegraut hatte, nur noch halb so schlimm werden. Wir brauchten zwar die Hilfe zweier sarigeübter Frauen, aber wir haben es geschafft.


Bikhu Bodhipala
Am Nachmittag  sind wir alle gemeinsam mit dem Bus zu einem buddhistischen Mönch gefahren, der etwa eine 3/4 Stunde außerhalb von Madurai lebt und auch manchmal am TTS Pali-Kurse gibt. Der Ort, an dem er lebt, ist ein sehr schönes Fleckchen Erde, grün und ruhig und ganz einfach. Die Studenten haben dort auf Tamil mit ihm über Buddhismus und Christentum diskutiert, wobei es teilweise recht heiß her ging, was wohl einerseits damit zu tun hatte, dass manche der Studenten relativ wenig über Buddhismus wussten und andererseits damit, dass der Bikhu selbst einmal Christ gewesen ist und mit Konvertiten ist es doch immer recht schwierig...



            
Dienstag
Jaina-Tempel und Meenakshi-Sundaresvara-Tempel
Am Dienstag haben wir zwei Tempel in Madurai besucht. Zuerst waren wir in einem Jaina-Tempel, der zwar mitten in der Stadt eingequetscht zwischen einer Kirche und vielen anderen Gebäuden liegt, aber dennoch spürbar Ruhe ausstrahlt. Wie Kerstin uns erklärt hat, gibt es eigentlich keine tamilischen Jainas mehr und so waren dort nur Menschen aus anderen indischen Bundesstaaten anzutreffen. Was eigentlich relativ ungewöhnlich für Jainas ist, ist dass in diesem Tempel auch Statuen von Heiligen verehrt werden.



Anschließend waren wir im berühmten Meenakshi-Tempel, auf den ich mich schon unglaublich gefreut hatte. Es ist ein sehr eindrucksvoller Ort, sehr weitläufig und es gibt viel zu sehen. Worüber ich sehr traurig war, ist dass ich als Nicht-Inder, oder eigentlich Nicht-Hindu, nicht ins Allerheiligste durfte.Eine sehr unangenehme Entwicklung in Indien...

Mittwoch
Am Mittwoch gab es einige Vorträge von Dozenten, die an der Exposure teilgenommen haben. Es ging unter anderem um Orthodoxie und Heterodoxie im Hinduismus und darum, diese Kategorien zu hinterfragen.


Donnerstag
Um 5 Uhr früh ging es am Donnerstag mit dem Bus los in Richtung Trichy, wo wir in einer Kirche Frühstück bekommen haben. Frühstück war überhaupt so ein Thema für sich während der Exposure. Für mich ist Frühstück die wichtigste Mahlzeit des Tages und ich möchte Müsli und Obst und Joghurt und (ungesüßten) Kaffee, aber bekommen haben wir eine Bauarbeiterportion Itli mit Sauce und Vadai. Sehr gewöhnungsbedürftig... In Trichy haben wir uns in unglaublich kurzer Zeit drei verschiedene Tempel angesehen, weswegen es sehr schwer war, die Eindrücke zu ordnen. Wir waren zuerst in einem Vishnu-Tempel, dann in einem Shiva-Tempel und dann in einem eher volksreligiösen Tempel ohne Brahmanen, in dem die Göttin Mariammam verehrt wird.
 ......Fotos kommen noch....


Anschließend bin ich zum ersten mal in einem indischen Zug gefahren, 6 Stunden lang bis Cuddalore. Das war sehr nett, es gibt keine Fensterscheiben, sondern Gitter und die Züge sind insgesamt schon ziemlich alt. Einige aus unserer Gruppe hatten viel Spaß und haben die ganze Zeit tamilische Lieder gesungen, größtenteils aus Kinofilmen und später haben sie die Zugwände als Trommeln genutzt und getanzt und es war eine große Party. Andere haben sich gegenseitig Tamil und Deutsch beigebracht und ich habe mich nett unterhalten mit meinem Übersetzer Rajasingh, der viele deutsche Bücher liest und auch sonst ein guter Gesprächspartner ist (mit verständlichem Englisch).

beim Einsteigen


tolle Aussichten


In Cuddalore waren wir zum Abendessen in einer Kirche eingeladen, dessen Pastor selbst einmal am TTS studiert hatte. In dieser Kirche haben wir auch die nächsten Tage übernachtet, die Frauen in der Kirche auf dem Fußboden, die Männer in einem anderen Gebäude etwa 1 Kilometer entfernt. Trotzdem wir also die Nächte mit den (sehr früh aufstehenden) Frauen verbracht haben, war es um einiges schwieriger sie kennenzulernen, als die indischen Männer, die sehr viel offener und gesprächiger sind.

Freitag
Am Freitag sind wir mit dem Bus nach Chidambaram gefahren, um den großartigen Nataraja-Tempel zu besichtigen, wo Shiva verehrt wird als Herr des kosmischen Tanzes. In diesem Tempel konnte ich auch zum ersten Mal bei den Pujas dabei sein und war sehr fasziniert. Allerdings ist mir dort auch am stärksten bewusst geworden, dass ich, obwohl ich das nicht gedacht hätte und mich immer dagegen gewährt habe, Vorurteile habe. Als ich den Brahmanen bei den Ritualen zugesehen habe und den gläubigen Hindus bei ihrer Anbetung, kamen in mir Gedanken hoch darüber, dass ich es sehr befremdlich finde, dass die Götter bildlich dargestellt werden und ich dachte auf einmal, dass es sehr seltsam ist, dass sie immernoch diese Form der Religiosität leben. Ich bin eben doch sehr stark geprägt von europäischem Evolutionsdenken und monotheistischer Arroganz. Das so zu erfahren, war irgendwie erschreckend, aber ich bin froh, dass es ans Licht gekommen ist, damit ich mich damit auseinandersetzen kann.

Brahmane


Shiva tanzend

Magda und Dina




Anschließend waren wir in Vadalur in einer Art Meditationszentrum, in dem es um einen tamilischen Dichter und Gründer einer bestimmten Form der Hindureligiosität ging und dessen Name Vallalar war.


Anita, Sarah und Dina

Auf dem Rückweg waren wir noch in Cuddalore am Silver Beach und haben es unglaublich genossen, am Meer zu sein, in die Ferne zu schweifen und nette Gespräche zu führen.



Samstag
Am Samstag waren wir in einem kleineren Tempel, in dem Vishnu verhert wurde in der Form seines Avataras als Löwe.



Dann sind wir weiter gefahren nach Auroville, einer Modellstadt, die 1968 gegründet wurde, um auf den Grundlagen der Lehre Sri Aurobindos eine internationale und interreligiöse vorbildliche Gesmeinschaft zu gründen. Leider waren wir zu kurz dort, als dass ich mir wirklich ein Bild davon hätte machen können, aber ich hatte den Eindruck, das ganze ist eher ein Projekt für Menschen der Mittelklasse, wodurch ärmere Menschen ausgeschlossen sind. Im Zentrum des Ortes steht das Matrimandir, ein großes Meditationszentrum.
Matrimandir

Danach waren wir in Pondicherry, wo wir deutschen Mädels etwas Freizeit hatten, während die anderen vor den Dozenten über ihre Eindrücke, Erfahrungen und Geddanken berichten sollten. Wir waren dann ein Bisschen in der Stadt unterwegs, die lange eine französische Kolonie war, was man am baustil und an den zweispräachigen Straßenschildern erkennt. Und wir haben viel Zeit an der Strandpromenade verbracht, die gesäumt war von kleinen Ständen und wo wir auf den Felsen sitzen und den Sonnenunter- und Mondaufgang beochten konnten. Sarah und ich habendort eine kleine Familie kennengelernt, weil sie einen kleinen Sohn hatte, der Spaß daran hatte, mit uns über Lachen und Grimasen zu kommunizieren. Ich durfte den kleinen, unglaublich niedlichen Jungen auch auf den Arm nehmen.

Gandhi


Zuckerwatteverkaeufer

Eisverkaeufer

die Frau mit dem niedlichen baby



Sonntag
Am Sonntag waren alle in unterschiedlichen Gottesdiensten und wir deutschen sollten in einem davon ein deutsches Lied singen.Nach dem Mittagessen sind die meisten nach Hause zu ihen Familien gefahren, weil in der darauffolgenden Woche Ferien waren. Wir sind mit einigen wenigen zurück nach Madurai gefahren und nachts ins Bett gefallen wie Steine.

Fazit:
Die Exposure ware eine sehr spannende Zeit, die vor allem toll war, um die Leute hier kennenzulernen. Da wir eigentlich auch mehr Zeit im Zug oder im Bus verbracht haben als in Tempeln, stand das  Kontakte und Freundschaften Knüpfen auch im Mittelpunkt. Auch die Tempel waren unglaublich faszinierend, aber wir hatten so wenig Zeit dort und so wenig Möglichkeit, uns darüber wirklich zu informieren, dass ich versuchen werde, den einen oder anderen Tempel nochmal zu besuchen.