Montag, 21. Februar 2011

Saxophone Classical

Heute habe ich einen Tipp für alle Musikliebhaber. Anfang Januar habe ich hier in Madurai ein tolles Konzert besucht. Der Künstler heißt Kadri Gopalnath und spielt mit seiner Band südindische klassische Musik. Das Besondere an ihm ist, dass er zwar von klassischen indischen Instrumenten begleitet wird, selbst aber Saxophon spielt. Eine sehr spannende Kombination also.

Das Konzert begann, wie es hier üblich ist, wurde mir erklärt, mit Gebet, Kerzenanzünden, Reden über Musik, die Künstler und ihre Vorbilder und Ehrungen der Musiker mit riesigen Blumenketten. Das allein hat schon mal mindestens eine ganze Stunde in Anspruch genommen und war eher mäßig interessant, da alles auf Tamil war. Danach mussten erst mal die Instrumente gestimmt werden und es gab eine Art Soundcheck. Dann ging es endlich los mit der Musik. Ich fand es sehr spannend und habe es sehr genossen. Ich bin kein Musikprofi, aber viele der Lieder wirkten auf mich wie eine Art Storytelling, wobei oft Saxophon und Geige in einer Art Dialog miteinander harmoniert haben. Das Konzert ging um einiges länger als üblich und man hat den Musikern angesehen, wie viel Freude sie an sich selbst und ihrer Kunst haben. Mein Lieblingspart im Konzert bestand darin, dass die Instrumente eigene Soloparts hatten, in denen die Musiker etwas improvisierten, worauf dann die anderen Musiker auf ihrem Instrument der Reihe nach antworteten, indem sie entweder dieselbe Melodie spielten oder etwas passendes Eigenes improvisierten. Sehr beeindruckend!
Hört einfach mal rein, vielleicht gefällt es euch ja auch:




Dienstag, 8. Februar 2011

2 Welten - Part 2


Nun, wie versprochen, der 2. Teil unserer Besuche in der Vorweihnachtszeit. Dieser zweite Besuch war wirklich etwas ganz Besonderes und Unvergessliches! Ein glücklicher Zufall hat ihn ermöglicht, denn eigentlich wollte Sarah Dina, einen Studenten hier am TTS, nur anrufen, um zu fragen, wie wir am besten kurzfristig an einen Bus von Chengalpattu (in der Nähe von Amarendra und Aruna) zurück nach Madurai kommen, weil alle Züge ausgebucht waren. Da hat er gleich ganz freudig überrascht gesagt, dass Chengalpattu ganz bei ihm in der Nähe sei und wir ihn doch besuchen könnten, bevor wir zurückfahren. Natürlich haben wir gleich zugesagt und uns riesig gefreut, denn Dina ist wirklich ein unglaublich netter und interessanter Mensch und ein guter Freund! Und die Aussicht darauf, zu sehen, woher er kommt und seine Familie kennenzulernen, war einmalig!
Also haben wir uns mit ihm nach unserem Besuch bei Amarendra und Aruna am Busbahnhof in Tambaram getroffen und sind gemeinsam mit dem Bus in die Nähe seines Dorfes gefahren, zu dem kein Bus direkt fährt. Auf dieser Busfahrt hat Dina uns viel über sein Leben erzählt, über seine Kindheit und seine Familie. Das war unglaublich bewegend und beeindruckend und ich hätte mir zwischendurch eine Pause zum Heulen gewünscht. Natürlich ist das zu persönlich, um hier davon zu berichten, aber ich kann so viel sagen, dass er als Teenager seinen Vater verloren hat und von da an als ältester Sohn für seine Familie sorgen musste. Witwen, Waisen und auch Halbwaisen haben es hier in Indien um einiges schwerer als in Deutschland. Vor allem Witwen haben hier mit einigem zu kämpfen: Vorurteile, Ausgrenzung und auch finanzielle Nöte. Ich habe hier schon so oft von Leuten gehört, deren Vater früh gestorben ist. Das macht einen wirklich traurig und nachdenklich. Theologisch gesehen eröffnet es auch einen neuen und weiteren Blick dafür, warum es in der Bibel so viele Verse wie diesen gibt: „Keine Witwe oder Waise dürft ihr bedrücken. Falls du sie in irgendeiner Weise bedrückst, dann werde ich, wenn sie wirklich zu mir schreien muss, ihr Geschrei gewiss erhören“(Exodus 22,21+22).

Rice Mill auf dem Weg zu Dinas Dorf

Von der Bushaltestelle sind wir etwa 30 Minuten bis zu Dinas Dorf gelaufen. Das Dorf ist unglaublich winzig, das kleinste Dorf, das ich jemals gesehen habe: Es besteht aus einer Kirche und einer etwa 100m langen Straße, die links und rechts von kleinen Häusern, teils auch Hütten, gesäumt ist. In diesem Dorf leben ausschließlich Christen. 

Strasse und Kirche

Gleich zu Beginn der Straße ist das Haus von Dinas Familie. Er lebt dort mit seiner Mutter, seinem Bruder und seiner Schwester. Wir wurden unglaublich herzlich aufgenommen und haben gleich Tee bekommen. Dinas Schwester ist extra für uns einen Tag früher vom College zurückgekommen, um uns kennenzulernen. Wir hatten sehr nette Gespräche und haben Fotos angeschaut. Zum Beispiel von Simons Besuch dort. (Hallo Simon! Liebe Grüße von Dina übrigens! ) 
 
ich mit Dina, seiner Schwester und einem Jungen, der die ganze Zeit dort rumgelaufen ist
 
Dann haben wir einen Rundgang durchs Dorf gemacht. Zuerst haben wir die Hühner und Ziegen und Kühe gesehen, die der Familie gehören und auch die Tauben von Dinas Bruder, der ihm übrigens extrem ähnlich sieht. Dann haben wir Häuser von anderen Verwandten besucht, die uns alle sehr gespannt und freundlich empfangen haben. Danach haben wir von Dinas Mama ein sehr leckeres Essen bekommen, vor dem sie ein wunderschönes Segenslied gesungen hat, zu dem seine Schwester auf einem Plastikhocker getrommelt hat. Ich habe auch ein Video davon gemacht, das ich hier leider nicht hochladen kann, weil es auf meinem Handy ist. Aber ich kann es dann gerne zuhause zeigen.
 
Dina und Kuehe

Dinas bruder bei seinen Tauben

Dinas Mama beim Singen, seine Schwester beim Trommeln

Lecker

Zum Abschied haben wir gemeinsam gebetet und Dinas Mama hat uns gesegnet und mir gesagt, nachdem sie mitbekommen hatte, dass ich verheiratet bin, ich solle das nächste Mal mit Baby kommen. Dina, seine Geschwister und ein Freund haben uns bis zum Bus gebracht, mit dem wir dann gemeinsam mit Dina zurück nach Tambaram gefahren sind. Dort hat er uns zum Bus nach Madurai gebracht und mit uns gewartet, bis er abfährt.
Sarah und ich waren so berührt von der Gastfreundschaft und Herzlichkeit, mit der wir empfangen wurden und Dina war glücklich und dankbar, dass wir ihn besucht haben. Wir haben Einblick bekommen, in die Welt, aus der er kommt, die ihn geprägt hat und das ist ein wichtiger Schritt zu mehr Verständnis füreinander. Hier am TTS leben die Studenten ja nur für ein paar Jahre und wir lernen sie nur hier kennen. An Dina sehe ich, wie es Gespräche und Freundschaften verändern und vertiefen kann, wenn man Einblick in des anderen Hintergrund und Familie bekommt, vor allem wenn man aus verschiedenen Erdteilen und Kulturen kommt. Denn für einen Deutschen ist es nicht einfach, sich vorzustellen, wie es sich lebt auf einem tamilischen Dorf, geschweige denn mit der Vorstellung halbwegs richtig zu liegen.