Montag, 11. Oktober 2010

Up and down - Kodaikanal


Up and down - das könnte das Motto sein, unter dem unser Ausflug nach Kodaikanal stand. Sarah, Johanna und ich, also die drei deutschen Studentinnen hier am TTS, sind am Donnerstag gegen Mittag aufgebrochen, um uns diesen kühlen Ferienort anzusehen.
 
Geplant war eigentlich, dass wir bis Samstag früh bleiben, warum daraus dann nichts geworden ist, später. Auf jeden Fall gab es viele Hochs und viele Tiefs auf diesem kurzen Ausflug. Es war wirklich eine indische Odyssee im Miniaturformat! 
Nachdem wir mit der Motorriksha am Busbahnhof angekommen waren, ging es auch schon los: Wir wollten noch etwas Wasser für die Busfahrt besorgen und ich hatte an den vielen kleinen Läden und Buden meine erste Bettlerbegegnung in Indien. Eine Frau mit drei kleinen Mädchen lief, uns dicht auf den Versen, die ganze Zeit hinter uns her, eines der Mädchen strich sich mit der Hand über den Bauch zum Zeichen, dass sie Hunger hat. Sarah hat ihnen dann eine Flasche Slice (Mangosaft) gegeben, die die Mutter sich sofort gekrallt hat und blitzschnell damit davon war. Nicht crasser als in Berlin so weit. Was ich aus Berichten gehört hatte, bevor ich selbst hier war, klang schlimmer.
Weiter ging es mit unserer Suche nach dem richtgen Bus. Johanna kennt die Buchstaben des Tamilischen und hat versucht, die Ziele der herumstehenden Busse zu entziffern, während ich mich bei den dort arbeitenden Männern durchgefragt habe. Wir wurden einige Male quer über den Busbahnhof und zurück geschickt, dann in ein kleines Touristbüro oder sowas, von wo man uns zu einem Touristbüro auf der anderen Seite geschickt hat. Dort konnte man uns endlich mit Gewissheit sagen, welchen Bus wir nehmen müssen. Dann haben wir zwar noch ungefähr eine halbe Stunde gebraucht, um herauszufinden, wo man in den Bus einsteigen kann, aber auch das haben wir hinbekommen.Die Fahrt war 4 Stunden lang und eigentlich ganz ok, nur dass ich Kopfschmerzen bekommen habe vom ständigen lauten Hupen des Busfahrers auf den Serpentinen, das ich auf der Rückfahrt dann allerdings schmerzlich vermisst habe. Aber dazu später. In Kodaikanal angekommen haben wir uns zuerst etwas verirrt, weil wir falsch abgebogen sind, dann haben wir aber den richtigen Weg zum Hostel unserer Wahl gefunden: dem Greenland Youth Hostel.Von dort hat man einen unglaublich schönen Ausblick, da es direkt am Abhang liegt und man (ohne Nebel) sehr weit gucken kann.
die wunderschoene Aussicht von unserem Zimmer

die Aussicht von unserem Zimmer bei Sonnenaufgang

unser Zimmer von aussen

Johanna in unserem Zimmer

Kodaikanal liegt auf 2133 m Höhe und somit ist es dort auch wesentlich kühler als im Rest Südindiens. Tagsüber sind es meistens um die 20°C, nachts um einiges kälter. Das haben wir dann auch alle drei zu spüren bekommen. Nachdem wir in einem sehr leckeren vegetarischen Restaurant gegessen hatten (wo eine gigantisch große Ratte an uns vorbeigehuscht ist), sind wir nämlich schlafen gegangen, oder haben es zumindest versucht. Es gibt in diesem Hostel nur Doppelzimmer, weshalb wir eine zusätzliche Matratze bekommen haben. Auf dieser hat Johanna geschlafen und es war dort dann auch kälter als im Bett, da sie näher am Boden lag. Trotzdem hätte ich gerne mit ihr getauscht, weil die Matratze auf dem Bett nicht nur steinhart, sondern auch huckelig war. Am nächsten morgen sind wir ganz früh aufgestanden, um noch vor dem Aufziehen des nebels die Aussicht auf unserer Wanderung genießen zu können.Unterwegs haben wir uns einen leckeren, frisch gebrühten gegönnt und viele schöne Dinge gesehen. Hier ein paar Highlights in Auswahl: 
Affen

Kuehe

kleiner Tempel im Dorf

Kirche im Dorf



Kodaikanal ist ein Ort, der von vielen indischen Touristen besucht wird und so haben wir auch sehr viele von diesen getroffen. Oft sind Reisebusse an uns vorbeigefahren, aus denen uns zugewunken wurde, oder wir sind Reisegruppen begegnet, meist bestehend aus Jugendlichen, aus denen uns viele angesprochen haben ("Hello! How are you? What is your name? Where are from?"). Viele wollten uns die Hand geben und haben sich hinterher gar nicht mehr eingekriegt. Sich die Hände zu geben ist hier in Indien überhaupt nicht üblich und eigentlich nur aus dem Fernsehen bekannt. Und zwischen Männern und Frauen ist das hier eigentlich sowieso unvorstellbar, weshalb wahrscheinlich besonders die Jungs uns ständig die Hände entgegen gestreckt haben. Ebenfalls oft kam es vor, dass uns Leute gefragt haben, ob sie nicht ein Foto mit uns machen könnten. Auf jeden Fall haben wir sehr viel ungewohnte Aufmerksamkeit genossen. Die extremste Situation dieser Art fand statt, als wir gerade am Aussichtspunkt auf die Pillar Rocks angekommen waren. 
an den Pillar Rocks



Ich bin zum Geländer vorgelaufen und wurde sehr nett von einem jungen muslimischen Mann aus Pondicherry angesprochen. Er wollte so einiges über mich wissen und hat auf Nachfrage auch über sich erzählt, was wirklich sehr nett war. Solche unkomplizierten, offenen Gespräche mit Fremden kenne ich aus Deutschland so gut wie gar nicht. Allerdings sind dann nach und nach immer mehr Frauen und Kinder aus der Reisegruppe des Mannes hinzugekommen, die ziemlich aufgeregt waren und sich förmlich um mich geschart haben. Eine Frau hat mir die Hand ihrer Tochter hingehalten, damit ich sie schüttele und auch viele Frauen haben mir ihre Hände entgegengestreckt oder Freundinnen gedrängt, es ihnen gleich zu tun. Anschließend sind sie in großes Gelächter ausgebrochen. Wie gesagt, sich die Hände zu geben, ist für viele absolut unüblich. Ich wurde immer wieder nach meinem Namen gefragt und habe selbst auch nach den Namen der Frauen gefragt. Wenn ich diese nachgesprochen habe, wurde anschließend wieder herzlich gelacht oder aufgeregt gekichert. Dann mussten die Männer ein Foto nach dem anderen machen, auf dem die Frauen und Kinder neben mir standen, mir die Hand gaben, den Arm um mich legten oder ähnliches. Dann wollten die Männer auch mit auf die Fotos. Dann sollten Johanna und Sarah auch mit auf die Fotos. Sprich: Es nahm kein Ende. Ein Foto haben wir dann auch noch machen lassen, aber plötzlich haben sich alle geziert, weshalb auf dem Bild nicht zu erkennen ist, wieviele es eigentlich waren. Und aufgeregt gekichert hat da plötzlich auch keiner mehr. Ganz zum Schluss wollten sie noch ein letztes Foto machen und haben mir dafür ein kleines Mädchen auf den Arm gegeben, das dann aber fürchterlich angefangen hat zu schreien, verständlicherweise... 

Ich weiß nicht genau, wie ich über diese und ähnliche Situationen denken soll. Die Leute sind meistens sehr freundlich, fragen auch meistens, bevor sie ein Foto machen und tun ja auch keinem weh. Aber etwas unwohl hab ich mich manchmal schon gefühlt. Mal ganz ehrlich, bei Menschen ihrer Hautfarbe würden sie ein solches Spektakel nicht veranstalten. Ein seltsames Gefühl. Zudem war die Situation mit den vielen gackernden Frauen auch etwas chaotisch und ich habe mich dann schon unwohl und etwas bedrängt gefühlt. Ich weiß nicht ganz, wie ich solche Reaktionen auf mich einordnen soll. Am Besten ich spreche mal mit Kerstin oder vielleicht einem der Inder hier am TTS. Besser nachfragen, als sich irgendwas zusammenreimen und sich eine vielleicht nicht so nette Meinung bilden. 
Etwas später sind wir dann noch einmal auf Affen gestoßen, die diesmal sehr weit unten auf den Bäumen saßen und darauf gelauert haben, dass der eine oder andere Mensch etwas von seinem Essen abgibt. 

Ganz kurz darauf hat es wie verrückt angefangen zu regnen. Nachdem wir uns schon ziemlich nass für eine ganze Weile unter dem Vordach eines Taschenverkäufers auf einem kleinen Markt untergestellt hatten, sind wir dann doch aufgebrochen, um so bald wie möglich zum Hostel zurückzukommen. Unterwegs hat neben uns auf der Straße ein Reisebus gehalten und wir wurden eingeladen, einzusteigen, damit sie uns ein Stück mitnehmen konnten, was ganz furchtbar nett ist und mir in Deutschland auch noch nie passiert ist. Und jetzt ratet, wer in diesem Bus saß! Die muslimische Reisegruppe aus Pondicherry, die kurz zuvor die vielen Fotos von uns gemacht hat.Da war das Gelächter und die Aufregung groß!
im Regen

Da es nachts wie gesagt ziemlich kalt in Kodaikanal wird und unsere nassen Sachen lange gebraucht hätten, um zu trocknen, haben wir uns dann entschieden, noch am selben Tag abzureisen. Wir haben unsere Taschen aus dem Hostel geholt, haben uns im Cafe Coffe Days, einem an Starbucks und Co. erinnernden Cafe, einen Snack, einen heißen Kaffe und ein dickes Stück Schokotorte gegönnt und sind dann zum Busbahnhof gelaufen. Dort haben wir dann recht schnell einen Bus nach Madurai gefunden und haben uns schonmal schön weit vorne hingesetzt, weil das Geruckele in Bussen bekanntlich nach hinten hin zunimmt. Ich saß im Gang ganz vorne und konnte so bestens beobachten, was der Fahrer so treibt und was auf uns zukommt. Leider hatte es der Fahrer unseres Busses anscheinend ziemlich eilig und ist unglaublich schnell die Serpentinen nach unten gerast. In jeder steilen Kurve musste ich mich an eine Stange vor mir klammern, um mich nicht vom Sitz zu rutschen und um mein Leben bangen, weil ich jedes Mal dachte, jetzt müsste der Bus den Abgrund herunterstürzen. Außerdem hielt dieser Busfahrer auch nicht sonderlich viel vom Hupen, zu dem immer wieder auf Schildern am Straßenrand aufgefordert wurde. Deswegen kam uns regelmäßig am Ende einer Kurve irgendein Motorrad, ein Auto oder ein anderer Bus entgegen, dem dann, möglichst schnell natürlich, ausgewichen werden musste.Es war ungelogen wie eine Achterbahnfahrt ohne Anschnallen, die 1 1/2 Stunden dauert! Nicht nur Sarah, sondern auch viele indische Frauen im Bus haben das ganze nicht so gut vertragen und mussten sich immer wieder übergeben. Einige haben auch mit dem Fahrer geschimpft, aber das hat ihn anscheinend wenig gestört. Später, im Flachland, hat er auch mal kurz Geisterfahrer gespielt, weil er irgendein Schild übersehen hat. Aber letztendlich ist alles gut gegangen und wir sind wohlbehalten und um viele schöne und nicht so schöne Erfahrungen reicher wieder angekommen und wurden nach dem Abendessen zu allem Überfluss zum 2. Mal an diesem Tag so richtig nass. Es war ein schlimmes Gewitter mit unglaublich lautem Donner und Stromausfall.
Auf jeden Fall will ich unbedingt nach dem Monsun nochmal nach Kodaikanal, um mir alles laenger bei schoenem Wetter anzuschauen. Am Besten mit Hanni. Es ist hier wirklich sehr romantisch, nicht umsonst verbringen viele indische Paare hier ihre Flitterwochen.

2 Kommentare:

  1. Mein lieber Scholli!!! Ich bewundere Euch drei Mädels und ganz besonders mein"kleines"Kindi für den Mut .Aber ich beneide Euch auch um die vielen ,unglaublich interessanten Erlebnisse.Saugt das pralle Leben in Euch auf, um dann zu Hause einiges an uns Daheimgebliebenen weiterzugeben.
    Viel Spaß noch!! De Muddi

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  2. Danke Mamilein! Ich versuche, so viel wie moeglich von dem hier Erlebten zu speichern.

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